UVP - Kernkraftwerk Rivne

Die Ukraine hat der Republik Österreich gemäß Artikel 3 und 4 des UN/ECE Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo Konvention) Unterlagen für die Verlängerung der Laufzeit der Blöcke 1 und 2 des KKW Rivne übermittelt.

Projektwerberin ist die

National Nuclear Energy Generating Company, Energoatom,

34400, Varash,

Rivne oblast,

Ukraine.

Für dieses Vorhaben wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach der Espoo Konvention unter Beteiligung Österreichs durchgeführt.

Zuständige UVP-Behörde ist das

Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen,

st. Metropolitan Basil Lypkivskyi 35,

Kyiv 03035,

Ukraine.

Die Unterlagen umfassen den Umweltbericht in ukrainischer und englischer Sprache.  Diese Unterlagen lagen von 30. November 2020 bis einschließlich 15. Jänner 2021 während der Amtsstunden in den Ämtern der jeweiligen Landesregierungen  zur öffentlichen Einsichtnahme auf.

In die Unterlagen konnte in dieser Zeit von jeder Person während der jeweiligen Amtsstunden Einsicht nehmen.

Zu den Unterlagen konnte jede Person während der Auflagefrist schriftliche Stellungnahmen an die jeweilige Landesregierung richten. Diese wurden  an die Ukraine weiter geleitet werden.

Im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wurde eine Fachstellungnahme erarbeitet.

 

Verfahrensrelevante Unterlagen

Umweltverträglichkeitserklärung (Ukrainisch)

Umweltverträglichkeitserklärung (Englisch)

Konsultationsbericht und abschließende Fachstellungnahme betreffend UVP-Verfahren KKW Rivne 1&2 Lebensdauerverlängerung (Mai 2021)

Die Ukraine hat auf die in der Fachstellungnahme vom Jänner 2021 enthaltenen offenen Fragen im April 2021 schriftlich geantwortet. Diese Antworten wurden ausgewertet und in einer abschließenden Fachstellungnahme, die gleichzeitig den Konsultationsbericht darstellt, zusammengefasst.

Verfahrensaspekte der Umweltverträglichkeitsprüfung

•             Die von der ukrainischen Seite übermittelten Antworten stellten nicht klar, ob und wie die Revision der Entscheidung für die Lebensdauerverlängerung durchgeführt werden wird.

Abgebrannter Nuklearbrennstoff und radioaktive Abfälle

•             Während Kapazitäten für die abgebrannten Brennelemente und radioaktiven Abfälle aus der Lebensdauerverlängerung bestehen oder in nächster Zukunft bestehen werden, ist es unklar, wo die hochaktiven Abfälle gelagert werden, die nach der Wiederaufbereitung aus Russland zurückgenommen werden müssen. Es wurden keine Angaben zur Endlagerung von abgebrannten Brennelementen und hochaktivem Abfall gemacht.

Langzeitbetrieb von Reaktoren des Typs WWER-440

•             Die Antworten stellen nur allgemeine Informationen über das Alterungsmanagementprogramm (AMP) zur Verfügung, sowie die Aussage, dass das bestehende AMP ausreichend sei. Konkrete Ergebnisse wurden jedoch nicht vorgelegt. Darüber hinaus stimmen die Erklärungen nicht mit den Resultaten der Topical Peer Review (TPR) aus dem Jahre 2017/2018 mit dem thematischen Schwerpunkt „Alterungsmanagement“ im Rahmen der Umsetzung der Nuklearsicherheitsrichtlinie 2014/87/EURATOM überein.

•             Das Reaktorgebäude und auch das Gebäude für das Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente sind gegenüber externen Ereignisse relativ verwundbar. Die VVER-440 Reaktoren sind als Zwillingsanlangen konstruiert, die sich mehrere Betriebs- und Sicherheitssysteme teilen. Die gemeinsame Verwendung erhöht das Risiko eines Versagens aus gemeinsamer Ursache, wodurch die Sicherheit beider Reaktoren gleichzeitig betroffen ist. Darüber hinaus entspricht es nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik, wenn ein System Aufgaben für mehrere Sicherheitsebenen übernimmt.

Unfallanalysen

•             Um die Konsequenzen von BDBAs zu bewerten ist es notwendig, eine Reihe von schweren Unfällen zu analysieren, einschließlich der Unfälle mit Containmentversagen und Containment-Bypass. Diese Arten von schweren Unfällen sind für den Reaktortyp VVER 440/V213 möglich.

•             Der Erhalt der Containment-Integrität unter Bedingungen schwerer Unfälle ist ein wichtiges Thema für das Unfallmanagement. Die Strategie für das Management schwerer Unfälle (SAM) wird vor allem auf das Zurückhalten des Kerns innerhalb des Reaktordruckbehälters setzen (In-Vessel Retention – IVR). Doch diese Maßnahmen sind noch nicht umgesetzt.

•             Für Rivne 1&2 wurden nicht einmal die WENRA RL für bestehende KKW angewendet, um das in der EU vereinbarte Sicherheitsniveau zu erreichen, da diese noch nicht Eingang in das ukrainische Regelwerk fanden, obwohl die Ukraine ein WENRA-Mitglied ist.

Grenzüberschreitende Folgen

•             Der verwendete Quellterm für Cäsium 137 (30 TBq) für einen auslegungsüberschreitenden Unfall (BDBA) wurde auf der Grundlage des beschränkten Freisetzungswerts festgelegt, der für die Sicherheitsanforderungen der europäischen Betreiber gilt. Diesen relativ moderaten Quellterm heranzuziehen ist nicht gerechtfertigt. Dieser beschränkte Wert kann nur verwendet werden, wenn das KKW entsprechend ausgelegt oder nachgerüstet wurde. Das ist für das KKW Rivne 1&2 nicht der Fall.

Antwort der Ukraine auf die Fachstellungnahme -Englisch (April 2021)

Konsultationsbericht und abschließende Fachstellungnahme -Englisch (Mai 2021)

Fachstellungnahme (Jänner 2021)

Das Umweltbundesamt wurde vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie beauftragt, die Erstellung einer Fachstellungnahme zu koordinieren.

Die Fachstellungnahme kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

Verfahrensaspekte der Umweltverträglichkeitsprüfung

•             Die ursprüngliche Genehmigung wurde für eine Geltungsdauer von 30 Jahren erteilt und im Jahre 2010 bis Dezember 2030 verlängert; ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Ukraine wurde von der Vertragsstaatenkonferenz der Espoo-Konvention aufgefordert, eine UVP vor dem Jahr 2020 durchzuführen; und zwar vor Abschluss der nächsten Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ). Am 16. Dezember 2020 hat die Staatliche Atomaufsichtsbehörde der Ukraine, SNRIU, allerdings bereits die Verlängerung der Genehmigung EO 000943 für Rivne 1 bis 22. Dezember 2030 erteilt.

Abgebrannter Nuklearbrennstoff und radioaktive Abfälle

•             In der UVP-Dokumentation fehlen wesentliche Informationen über das Management von abgebrannten Brennstäben und radioaktiven Abfällen aus dem KKW Rivne 1&2.

Langzeitbetrieb von Reaktoren des Typs WWER-440

•             Obwohl die Alterung der 40 Jahre alten Strukturen, Gebäude und Anlagen für Rivne 1&2 sicherheitsrelevant ist, wurde dieser Themenkomplex in der UVP-Dokumentation nicht angesprochen.

•             Dieses KKW-Design wurde in den 1980ern entwickelt und entspricht nur teilweise modernen Auslegungsprinzipien wie Redundanz, Diversität oder physische Trennung von redundanten Subsystemen und der bevorzugten Verwendung von passiven Sicherheitssystemen.

•             Maßnahmen zum Einbau von Systemen zur In-Vessel-Retention werden genannt, jedoch liegen keine Angaben zu Genehmigung und zum Zeitplan der Implementierung vor.

Unfallanalysen

•             Um die Konsequenzen von auslegungsüberschreitenden Unfällen, wie in der UVE dargestellt, bewerten zu können, ist es notwendig, auch eine Reihe von schweren Unfällen, einschließlich der Unfälle mit Containment-Versagen und Containment-Bypass zu analysieren. Dieser Arten von schweren Unfällen sind bei Reaktoren von Typ WWER 440/V213 möglich. Die vorliegende UVP-Dokumentation bietet nur unzureichende Informationen über die Sicherheitsreserven der Reaktoren gegenüber Naturgefahren wie Erdbeben, Stürmen, Überflutung, etc.. Die erweiterten Auslegungsbedingungen (DEC) werden nicht analysiert.

Grenzüberschreitende Folgen

•             Schwere Unfälle mit Freisetzungen, die deutlich über den in der UVP-Dokumentation beschriebenen liegen, können für Rivne 1&2 nicht ausgeschlossen werden. Solche Worst-Case Unfälle sind zu analysieren, da deren Auswirkungen weitreichend und langandauernd sein und auch Länder betreffen können, die nicht direkt an die Ukraine angrenzen, wie etwa Österreich.

Fachstellungnahme (Jänner 2021)