Was sind endokrine Stoffe?
Der Begriff „endokrin“ bedeutet „nach innen abgebend“: Eine Drüse (z.B. Nebenniere, Schilddrüse, Hirnanhangdrüse, Eierstöcke, Hoden) gibt einen Botenstoff – ein sogenanntes Hormon – nach innen in den Blutkreislauf ab. Diese Botenstoffe sind wichtige Steuerungselemente im menschlichen Organismus und dem der meisten Tiere: Sie docken an einen sogenannten Rezeptor (Empfänger) an und aktivieren ihn – dadurch werden weitere Signale ausgesendet und spezifische Stoffwechselvorgänge ausgelöst. Auf diese Weise regeln Hormone elementare Abläufe im Leben wie Stoffwechsel, Wachstum und Fortpflanzung. Diese Stoffe werden in einem Organismus auf natürliche Weise gebildet. Sie können aber auch ganz gezielt künstlich hergestellt werden – wie etwa Insulin, jenes Hormon, das die Aufnahme von Glucose in Körperzellen reguliert, oder das Wachstumshormon Somatotropin.
Neben den körpereigenen Hormonen, gibt es auch natürliche und synthetische Stoffe, die hormonähnlich wirken. Diese besitzen beispielsweise eine Struktur, die ebenfalls in einen Hormonrezeptor passt – dadurch kann dieser aktiviert oder auch blockiert werden und so eine Signalaussendung ausgelöst bzw. verhindert werden. Ein konkretes Beispiel: im Falle des Rezeptors für das weibliche Sexualhormon Östrogen spricht man von einer östrogenen Wirkung, wenn der Östrogenrezeptor aktiviert wird und von einer anti-östrogenen Wirkung, wenn der Rezeptor blockiert wird. Zudem gibt es Stoffe, die auf andere Art in den Hormonhaushalt eingreifen, etwa indem sie den Auf- oder Abbau eines Hormons beschleunigen oder verzögern oder die Anzahl der vorhandenen Rezeptoren verändern.
Derartige Stoffe werden als hormonell oder endokrin aktiv bezeichnet. Wird durch den Eingriff in den Hormonhaushalt in nachgewiesener Weise eine Schädigung am Organismus, dessen Nachkommen oder der (Sub)population hervorgerufen, wird dieser Stoff als endokrin oder hormonell schädigender Stoff bzw. als endokriner Disruptor bezeichnet.
Weiterführende Links:
AGES: Endokrin wirksame Substanzen
Umweltbundesamt: Hormonell (endokrin) schädigende Chemikalien