Wasser im Klimastress

Herausforderungen und Chancen für österreichische Regionen

Österreich ist ein wasserreiches Land. Die Ressourcen sind aber sehr unterschiedlich verteilt und stehen nicht immer dann zur Verfügung, wenn man sie braucht. Viele Regionen kämpfen gleichzeitig mit extremer Trockenheit und versinken, etwa bei Starkregen, in der nächsten Minute im Wasser.

Foto Trockenheit am Neusiedler See

Wetterextreme, die durch den Klimawandel immer häufiger vorkommen, werden zur immer größeren Herausforderung für Raumplanung, Wasserwirtschaft, Regionalentwicklung und viele andere Verwaltungsbereiche, die in der Zuständigkeit von Gemeinden und Regionen liegen.

Gefragt sind regionale Lösungen, die im Projekt WaterStressAT von Experten des Umweltbundesamts, der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (heute Geosphere Austria) und der Universität Graz unter der Leitung des International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) entwickelt wurden. Das Besondere daran: Sie wurden nicht nur von den Wissenschaftlern, sondern gemeinsam mit regionalen Stakeholdern wie Gemeinden, Wasserleitungsverbänden oder Landwirten entwickelt.

Unterschiedliche Ausgangslage

Am Anfang stand die Frage: Wir wirkt sich der Klimawandel auf die Wasserverfügbarkeit und den Wasserbedarf im Salzburger Pinzgau und im burgenländischen Bezirk Neusiedl am See aus? Antworten darauf liefert die Studie Wasserschatz Österreichs, die von Umweltbundesamt, Universität für Bodenkultur Wien und Ingenieurbüro DI Holler im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus durchgeführt wurde. Sie zeigt, dass das Nordburgenland im Vergleich zu anderen Regionen Österreichs über weniger Grundwasserressourcen verfügt. Über das Jahr verteilt fällt weniger Niederschlag, was vor allem in Trockenperioden und in Kombination mit hohen Temperaturen zur Herausforderung wird. Besonders betroffen ist die Landwirtschaft, die jetzt schon einen hohen Wasserbedarf für die Bewässerung hat. Dieser Bedarf wird durch die Auswirkungen des Klimawandels – steigende Temperaturen, häufigere und länger dauernde Hitzeperioden und längere Vegetationsperiode – im Nordburgenland weiter steigen.

Anders die Situation im Pinzgau, wo – typisch für Westösterreich – große Grundwasserreserven verfügbar sind. Anpassungsbedarf an den Klimawandel besteht hier vor allem bei der Nutzung von Quellen und Oberflächengewässern. Die Auswirkungen von geringeren Schneedecken und veränderter Niederschlagsverteilung sind besonders für Wasserkraftwerke in der Region spürbar, da diese geänderten Konditionen zeitweise zu weniger Wasser in Flüssen und Seen und somit zu weniger Durchfluss führen. Ausgehend von diesem Wissen wurden im Projekt WaterStressAT, finanziert aus Mitteln des Austrian Climate Research Programme des Klima- und Energiefonds, die Problemstellungen in der Region gemeinsam mit den Betroffenen identifiziert und diskutiert.

Foto Trockenheit am Neusiedler See

Vom wissenschaftlichen Modell zur regionalen Lösung

Die Szenarien der Wasserschatz-Studie belegen, dass der Nutzungsdruck auf die Grundwasser-Ressourcen im Nordburgenland in Zukunft noch weiter zunehmen wird. Lösungen gibt es aber. Um die Trinkwasserversorgung sicherzustellen, sind überregionale Versorgungsstrukturen schon seit Jahrzehnten etabliert. Für die Bewässerung in der Landwirtschaft wurden im Projekt WaterStressAT Maßnahmen evaluiert, mit denen sich die betroffenen Gemeinden an den Klimawandel anpassen und rechtzeitig Vorsorge treffen können.

Im Pinzgau etwa widmeten sich die an WaterStressAT Beteiligten Fragen wie: Wird öfter auftretendes Niederwasser die Elektrizitätsproduktion aus Wasserkraft einschränken? Wird es im Frühwinter genug Wasser für die Beschneiung von Skipisten geben? Werden extremere Trockenperioden die Trinkwasserversorgung von Haushalten beeinträchtigen? Und wie können sich Gemeinden auf die in der Region spürbaren Auswirkungen der Klimakrise vorbereiten? Dafür haben die Forschenden ein räumlich und zeitlich hoch aufgelöstes Simulationsmodell entwickelt, mit dem sie verschiedene Klimaszenarien flussaufwärts des Zusammenflusses von Salzach und Saalach darstellen können. Das Modell bildet die Entwicklung des Abflusses in der Zukunft mit Berücksichtigung aufgelöst für auf 1x1km ab. Auf der Basis von drei unterschiedlichen Klimaszenarien von GeoSphere Austria liefert das Modell wichtige Informationen, z.B. für Wasserkraftwerksbetreiber, um u.a. den idealen Wirkungsgrad der Turbinen zu bestimmen.

Komplexe Wechselwirkungen

Welche Interessen an und Nutzungen von Wasserressourcen in den Regionen bestehen und wie sie zusammenhängen, zeigen Systemkarten, die sowohl für den Pinzgau als auch für den Bezirk Neusiedl am See entwickelt wurden und online verfügbar sind. Sie geben einen Überblick über die wichtigsten Wirtschaftssektoren, die Verfügbarkeit und Bedarf der regionalen Wasserressourcen beeinflussen, und Wirkungsketten, die zwischen diesen Sektoren bestehen.

Foto Trockenheit am Neusiedler See

Regionale Lösungen im Dialog entwickeln

Das Wissen um die Entwicklung der Wasserressourcen auf regionaler Ebene und die damit verbundenen Herausforderungen gibt es. Sie liegen in der Studie Wasserschatz Österreichs vor Lösungen, um die Wasserressourcen zu sichern und die Versorgung zu gewährleisten, sind nur dann tragfähig, wenn sie im Dialog mit unterschiedlichen Interessensgruppen entwickelt werden, vom Naturschutz über die Gemeinden und die Landwirtschaft bis hin zum Tourismus. Der Bezirk Neusiedl am See und der Pinzgau sind nur zwei Beispiele dafür, wie im Dialog ein gemeinsames Problemverständnis und relevante Lösungsansätze erarbeitet werden können. Auch viele Klima- und Energiemodellregionen (KEM), ebenso wie die KLAR! Klimawandelanpassungs-Modellregionen bereiten sich schon heute auf die Herausforderungen von morgen vor und erarbeiten Perspektiven für eine klima-fitte Zukunft.

Weiterführende Informationen:

www.waterstress.cwatm.info

Wasserschatz Österreich