Verordnung zur Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme

Mit der Verordnung zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme will die EU bis zum Jahr 2050 geschädigte Ökosysteme und Lebensräume in einen guten Zustand versetzen.

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Aktueller Stand

Die Vereinten Nationen haben das aktuelle Jahrzehnt zur Dekade der „Wiederherstellung von Ökosystemen“ ausgerufen. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Jahr 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Wiederherstellung degradierter oder zerstörter Ökosysteme vorgelegt. Die Verordnung verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten, diese Ökosysteme schrittweise wieder in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Die Grundlage für die Verordnung bildet eine Reihe bereits existierender Konzepte und Regelungen wie der EU Green Deal, die EU Biodiversitätsstrategie 2030, die Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutz-Richtlinie, die Wasserrahmen-Richtlinie und die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.

Intakte Ökosysteme sind für den Erhalt der Biodiversität und für den Klimaschutz wichtig, da sie in der Regel Kohlenstoffsenken darstellen, den Wasserhaushalt regulieren und Basis für nachhaltige Lebensmittel und Rohstoffe sind. Darüber hinaus bieten sie Schutz vor Naturgefahren, die durch den Klimawandel verursacht und in Ausmaß und Frequenz verstärkt werden.

Der EU-Umweltrat hat am 20.6.2023 einen ersten Kompromiss erzielt. Nach einer Reihe von weiteren Änderungsvorschlägen hat das Europäische Parlament am 27.2.2024 für das Gesetz zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme gestimmt. Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens muss nun der Rat der EU dem Standpunkt des EU-Parlaments zustimmen. Im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens muss noch der Rat der EU dem Standpunkt des EU-Parlaments zustimmen. Derzeit laufen diesbezügliche Verhandlungen.

Ziele und Zeitplan

Mit der Verordnung zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme will die EU bis zum Jahr 2050 geschädigte Lebensräume in einen guten Zustand versetzen. Die geplanten Maßnahmen sollen zum Schutz und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt beitragen, den Klimaschutz positiv beeinflussen und die Resilienz der Ökosysteme gegenüber Naturkatastrophen erhöhen. Die Verordnung umfasst auch jene Ökosysteme, die bisher von keiner Regelung erfasst waren, wie Wirtschaftswälder, städtische Grünräume und landwirtschaftliche Ökosysteme.

Zeithorizont 2030 bis 2050

Für die FFH-Lebensraumtypen in schlechtem Erhaltungszustand sind Maßnahmen vorgesehen, um bis 2050 eine ausreichende Fläche in gutem Zustand für einen langfristigen Fortbestand der Lebensraumtypen und ihrer Artengesellschaften zu erreichen. Diese Maßnahmen beziehen sind einerseits auf die Verbesserung von Flächen in schlechtem Zustand (30% der Flächen in schlechtem Zustand sind bis 2030 zu verbessern, 60% bis 2040 und 90% bis 2050) und anderseits auf die Schaffung von neuen Flächen (30% der zu schaffenden Flächen sind bis 2030 herzustellen, 60% bis 2040 und 100% bis 2050). Die erforderlichen Maßnahmen können bis 2030 hauptsächlich in den ausgewiesenen Natura 2000-Gebiete stattfinden. 

Die wichtigsten Inhalte

Von Agrarlandschaften, über Grünflächen, Gewässer bis Wälder – viele unterschiedliche Lebensräume werden von der EU-Verordnung erfasst.

Mehr Schutz für Grünflächen, Gewässer und Insekten

Beim Schutz von Ökosystemen stehen Grünflächen in Siedlungsgebieten und die Gewässer-Lebensräume an vorderer Stelle der Wiederherstellungs-Verordnung: Bis 2030 soll kein Nettoverlust der nationalen Grünflächen in Siedlungsgebieten stattfinden. Danach muss eine Zunahme der städtischen Grünflächen auf nationaler Ebene erfolgen. Hinsichtlich der Gewässer sollen bis 2030 EU-weit mindestens 25.000 Flusskilometer in frei fließende Flüsse rückgewandelt werden. Dafür sind jene Barrieren wie Staudämme und Längsverbauungen zu entfernen, die nicht für die Produktion erneuerbarer Energie, für die Binnenschifffahrt, die Wasser-Bereitstellung, oder den Hochwasserschutz benötigt werden.

Auch die natürliche Bestäubung durch Insekten soll verbessert werden: Bis 2030 soll der Rückgang der Bestäuber-Insekten aufgehalten werden um in weiterer Folge eine positive Entwicklung dieser Arten zu erreichen.

Mehr Vielfalt in den Agrarlandschaften

Mit weiteren Maßnahmen soll die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften verbessert werden. Dazu ist ein Aufwärtstrend bei mindestens zwei der folgenden drei Indikatoren zu erreichen: Grünland-Schmetterlingsindex, Menge an organischem Kohlenstoff in Ackerböden, Anteil der landwirtschaftlichen Flächen mit vielfältigen Landschaftselementen. 

Mehr Vielfalt in den Wäldern

Auch die biologische Vielfalt in den Wäldern nimmt in der Verordnung einen hohen Stellenwert ein. Auf nationaler Ebene ist bis 2030 ein Aufwärtstrend beim Index häufiger Waldvogelarten und von mindestens sechs der nachfolgenden sieben Indikatoren bis 2030 zu erzielen: (a) stehendes, (b) liegendes Totholz, (c) Anteil der Wälder mit uneinheitlicher Altersstruktur, (d) Waldvernetzung, (e) Bestände an organischem Kohlenstoff, (f) Anteil der Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten, (g) Vielfalt der Baumarten. 

Drei Milliarden Bäume

Bis ins Jahr 2030 sollen mindestens drei Milliarden zusätzliche Bäume auf Unionsebene gepflanzt werden. 

Wiederherstellung & Klimawandel

Fokus: Schutz von Gewässer-Lebensräumen und Grünflächen

Wiederherstellung & Ernährungssicherheit

Fokus: Verbesserung der biologischen Vielfalt

Ökonomischer Nutzen

Fokus: Förderung ökonomischer und sozialer Transformation

Nationale Pläne an die EU

Die Wiederherstellungs-Verordnung sieht die Erstellung von nationalen Wiederherstellungsplänen („national restoration plans“) innerhalb von zwei Jahren nach In-Kraft-Treten vor. Sie sollen für die Lebensraumtypen das Ausmaß und die Verteilung der Flächen, welche verbessert bzw. welche wieder hergestellt werden müssen, angeben. 

Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, ihre Entwürfe der nationalen Wiederherstellungspläne der Europäischen Kommission zur Bewertung und Rückmeldung vorzulegen. In einem festgelegten Verfahren werden die nationalen Wiederherstellungspläne überprüft und regelmäßig überarbeitet. Auch die Erfordernisse für Monitoring und Reporting werden erläutert. 

Geplante Umsetzung in Österreich

Für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen sind in Österreich insbesondere die Bundesländer, das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML), das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) und die Gemeinden verantwortlich. Wenn die Maßnahmen der Verordnung umgesetzt werden, ist aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass sich die biologische Vielfalt und Funktionalität der wiederhergestellten Ökosysteme stark verbessern werden. Ein wesentlicher Punkt ist die rechtzeitige Sicherung der wiederherzustellenden Flächen, um damit kontraproduktive Eingriffe wie Verbauung oder Entwässerung zu verhindern.

Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+

In der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ sind bereits Ziele zur Wiederherstellung von besonders wichtigen Ökosystemen bis 2030 aufgenommen. Das betrifft vor allem Moore, Auen und Gewässer sowie weitere Lebensräume, die einen wertvollen Beitrag zum Fortbestand und Erhalt von gefährdeten Arten und seltenen Biotopen leisten. Darüber hinaus sollen laut nationaler Biodiversitäts-Strategie Landschaftselemente, wie Brachflächen, Hecken, Trockenmauern auf 10% der landwirtschaftlichen Nutzfläche erhalten oder errichtet werden. Diese Flächen werden auch als Habitate für Bestäuber (Wildbienen, Tagfalter) dienen, somit dient dieses Ziel auch dem Ziel „Rückgang der Bestäuber ist umgekehrt“.  Auch der Anteil von extensivem Grünland soll auf 12% erhöht werden.

Agrarumweltprogramm (ÖPUL)

Das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) sieht für Österreich 7% an Biodiversitätsflächen vor. Weitere ÖPUL Maßnahmen, wie z. B. die Naturschutzmaßnahme oder die ergebnisorienteierte Bewirtschaftung unterstützen die Erhaltung von wichtigen Agrarökosystemen und fördern die biologische Vielfalt (z. B. Bestäuber-Insekten).

Die Umsetzung der EU-Verordnung kann einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen der österreichischen Wiederherstellungsziele und damit der Biodiversitäts-Strategie Österreich 2030+ sowie zur Sicherung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion als Grundlage für eine gesunde Ernährung leisten.