Bäume im Trockenstress

Wien, 11. August 2020

Hitze und Trockenheit setzen Österreichs Wäldern zu. Das zeigen neue Ergebnisse vom Forschungsstandort Zöbelboden.

Blick in die Baumkronen im Wald

Hitze und Trockenheit setzen Österreichs Wäldern zu: Baumstämme ziehen sich bei Trockenstress zusammen und die Bäume wachsen langsamer. Das belegen neue Erkenntnisse zu Dürreeffekten im Gebirgswald vom Forschungssandort Zöbelboden, der gemeinsam vom Umweltbundesamt, den Österreichischen Bundesforsten und dem Nationalpark Kalkalpen betrieben wird. Lange Trockenperioden haben auch in den feuchten Gebirgswäldern Österreichs Auswirkungen auf Baumwachstum und Kohlenstoffbindung. Und das, obwohl dort selbst in Dürrejahren so viel Niederschlag fällt, wie in anderen Regionen Österreichs in einem durchschnittlichen Jahr.

„Leidet der Wald an Wassermangel, kann er seine Klimaschutzfunktion nur mehr eingeschränkt erfüllen. Lange Trockenperioden, die durch den Klimawandel zunehmen, schwächen die Bäume und machen sie anfälliger für Schädlinge. Sie führen zu Trockenstress“, weiß Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste, zu berichten. Die Folgen sind nicht sofort sichtbar, wie Auswertungen des Umweltbundesamtes zu den Auswirkungen von Dürre auf einen Fichten-Buchen-Gebirgswald belegen.

Einzelne Trockenjahre verringern den jährlichen Stammzuwachs einzelner Bäume nur minimal. „Ein schleichender Prozess, der aber messbar ist und die Kohlenstoffbindung im Wald beeinträchtigt“, erklärt Monika Mörth, Geschäftsführerin des Umweltbundesamtes. Die Auswirkungen lassen sich erst mit zeitlicher Verzögerung messen, denn Stressschäden an Wurzeln und Wasserkanälen im Stamm benötigen Zeit zur Reparatur. „Mit einer dem Standort angepassten Baumartenmischung kann aber gegengesteuert werden“, betont Monika Mörth.

Vielfalt macht den Wald widerstandsfähig und klimafit. Artenreiche Wälder können ihre Klimaschutzwirkung, wenn auch verringert, ganz gut aufrechterhalten.

Dürreeffekte

Der Vergleich von Trockenjahren mit Jahren mit durchschnittlichem Niederschlag zeigt, wie sich wiederholte Dürreperioden im Wachstum auswirken. Hinweise darauf liefern Messungen des Stammumfangs mit Hilfe von sehr sensiblen Baumumfangssensoren, so genannten Dendrometern (griech. Baummesser). Sie können Umfangsänderungen eines Baumes im Millimeterbereich ermitteln. Denn bei Trockenheit nimmt der Stammumfang ab, der Baum zieht sich förmlich zusammen und dehnt sich erst wieder aus, wenn der Flüssigkeitshaushalt wiederhergestellt ist. Die Messergebnisse zeigen, dass die Bäume am Zöbelboden im Trockenjahr 2018 viel häufiger unter Trockenstress standen als im feuchteren Jahr 2019. Über den Untersuchungszeitraum von zwanzig Jahren verringerte sich das jährliche Stammwachstum von 3.080 Kilogramm pro Hektar aufgrund von Dürren auf 2.760 Kilogramm pro Hektar. Das entspricht einem Einbruch um 10 %.

Mit dem Abnehmen des Stammwachstums verringert sich auch die Klimaschutzleistung, da weniger Kohlenstoff im Baum gebunden werden kann. Umgerechnet wurden in den letzten 20 Jahren am Zöbelboden um rund 1,6 Tonnen weniger Kohlenstoff pro Hektar im Stammholz gebunden. Das ist in etwa so viel, wie der Wald am Zöbelboden in einem Jahr an Kohlenstoff bindet. Dazu kommen weitere Effekte von Trockenheit und Hitze, die die Klimaschutzleistung des Waldes verringern. So konnten die ExpertInnen des Umweltbundesamtes nachweisen, dass es durch hohe Bodentemperaturen in Trockenjahren zu einer stärkeren Bodenatmung kommt, d.h. durch Abbauvorgänge im Boden wie Zersetzung und Humusbildung wird mehr Kohlenstoff freigesetzt.

Tabelle: Mittlerer jährlicher Stammzuwachs und Kohlenstoffbindung (im Stammholz) in Dürrejahren (2000, 2003, 2011, 2015, 2018), inklusive dem Folgejahr, und im Vergleich zu den restlichen Jahren mit durchschnittlichem Niederschlag.

  DürrejahrDürrejahr
+ 1 Jahr
Durchschnitts-
jahr
Durchschnitts-
jahr + 1 Jahr
Stammzuwachs
[t/ha/Jahr]
2,932,762,933,08
Kohlenstoffbindung [tC/ha/Jahr]1,471,381,471,54
 

Klimafitter Wald

„Mischwälder puffern Dürreeffekte gut ab, da indirekte Folgen von Trockenstress wie etwa eine höhere Anfälligkeit für Schädlinge, nur eine Baumart betreffen und nicht den ganzen Bestand“, erklärt Freidhager. Die Bundesforste haben bereits damit begonnen, die Wälder an den Klimawandel anzupassen und umzubauen. Der Wald der Zukunft wird ein artenreicher, bunter Mischwald sein, da sich Mischwälder als widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse erwiesen haben als Monokulturen. Baumarten, die mit längeren Trockenperioden besser umgehen können, werden zunehmen, die Fichte, Österreichs häufigste Baumart hingegen abnehmen. Als Flachwurzlerin braucht sie mit mindestens 600-800 mm pro Jahr vergleichsweise viel Niederschlag. Tanne und Lärche hingegen brauchen weniger Wasser und vertragen Trockenheit besser. Was Niederschlag betrifft, ist auch die Eiche genügsam. Sie wächst bevorzugt an trockenen Standorten und hält auch längere Perioden ohne Niederschlag gut aus. Die Eiche wird vor allem im Osten des Landes bzw. in niederen Lagen zunehmen, während sich die Fichte aus Lagen unter 600 Meter Seehöhe langfristig zurückziehen wird.

Wald-Forschung am Zöbelboden

Die Ökosystem- und Luftgütebeobachtung am Zöbelboden im Reichraminger Hintergebirge in Oberösterreich (Nationalpark Kalkalpen) liefert seit mehr als einem Vierteljahrhundert Daten zu Folgen und Erfolgen der Luftreinhaltung. Der Standort befindet sich auf Flächen der Österreichischen Bundesforste und wird gemeinsam mit dem Umweltbundesamt und dem Nationalpark Kalkalpen betrieben. Mit der Weiterentwicklung des Standortes zu einem der bestausgerüsteten Forschungsstandorte für ökologische Langzeitforschung (LTER) in Österreich wurden in den letzten Jahren neue Akzente gesetzt. Stand zu Beginn des Monitorings am Zöbelboden in den 1990er Jahren der Kampf gegen das Waldsterben im Vordergrund, liegt der Fokus seit gut zehn Jahren auch auf dem Einfluss des Klimawandels. Durch die Untersuchungen am Zöbelboden zu Stoff- und Energiehaushalt im Waldökosystem sowie zur Wirkung von klimatischen Extremereignissen gewann der Standort über die vergangenen Jahre zunehmend an Attraktivität für die Forschung. Heute gilt der Zöbelboden nicht nur als einer der europaweit raren „Hot spots“ für Langzeitdaten, die quer über alle Teile eines Ökosystems verfügbar sind, sondern er bietet auch modernste Instrumentierung.

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