Schadstoffe in der Kältefalle

Wien, 22. März 2016

Ein Team internationaler ExpertInnen unter der Leitung des Umweltbundesamtes erforscht seit dem Jahr 2005 die Belastung entlegener Alpenregionen mit persistenten organischen Schadstoffen (den sogenannten POP) und entwickelte dafür weltweit neue Methoden. Die Ergebnisse ermöglichen erstmals eine Analyse von Herkunftsregionen, saisonalen Unterschieden und langfristigen Trends.

 Messtation Sonnblick

Im internationalen Forschungsprojekt MONARPOP (Monitoring Network in the Alpine Region for Persistent Organic Pollutants) untersuchen ExpertInnen des Umweltbundesamtes in Zusammenarbeit mit ihren Partnern das Vorkommen von POP in den Alpen. Im Visier der ForscherInnen stehen vor allem Dioxine, Furane und polychlorierte Biphenyle (PCB). Die Messergebnisse aus den Jahren 2005-2013 belegen, dass die langlebigen, krebserregenden Schadstoffe über weite Strecken in der Luft transportiert werden und die Alpen als Barriere dienen. Die Kälte hochgelegener Alpengebiete sorgt dafür, dass sich die Schadstoffe dort besonders anreichern und lange verbleiben.

 

Auf den drei Alpengipfeln Sonnblick (A), Weißfluhjoch (CH) und Zugspitze (D) wiesen die ExpertInnen ähnlich hohe Schadstoffeinträge nach wie in Städten. Im Gegensatz dazu die Belastung in der Luft: Hier wurden Dioxine, Furane und PCB in 10-100 Mal geringeren Konzentrationen gemessen als in Ballungsräumen. Diese Luftdaten sind vergleichbar mit jenen anderer entlegener Regionen, wie z. B. arktischen Gebieten. Dioxine und PCB werden vor allem bei Verbrennungsprozessen freigesetzt oder stammen aus der früheren Anwendung in Produkten. Sie entfalten ihre schädliche Wirkung auch in geringen Konzentrationen und sind aufgrund ihrer besonderen Langlebigkeit, Toxizität und Anreicherung in Nahrungsketten in der UN Stockholm Konvention geregelt.

 

Keine signifikanten Zu- oder Abnahmen

 

Bei der Analyse nach Herkunftsregionen zeigte sich, dass höher belastete Luftkonzentrationen fast immer aus dem Nordost-europäischen Herkunftsgebiet stammten. Die Luftmassen aus dem Nordosten Europas  treffen jedoch an allen drei Berggipfeln nur etwa halb so oft ein wie Luftmassen aus den anderen drei untersuchten Gebieten (Nordwest-Europa, Süd-Europa und Sonstige).  Saisonale Unterschiede in der Belastung stellten die ExpertInnen kaum fest, höhere PCB-Gehalte wurden zumeist im Sommer gemessen. Der langfristige Trend zeigt keine signifikanten Ab- oder Zunahmen in der Luftkonzentration.

Wirkungskontrolle der UN Stockholm-Konvention

Das Projekt MONARPOP ist eines der wenigen internationalen Projekte, das langfristige wissenschaftliche Erkenntnisse über die POP-Belastung in den Alpen liefert und das in den globalen Monitoring Plan zur Wirkungskontrolle der UN Stockholm-Konvention einbezogen wurde. Dieses internationale Übereinkommen soll die Konzentrationen von besonders giftigen, langlebigen und akkumulierenden POP durch Verbote und Einschränkungen sowie durch verbindliche Maßnahmen verringern. Die Unterschiede zwischen den gemessenen Schadstoffkonzentrationen in der Luft und in der Deposition  zeigen, dass die derzeit in dem internationalen Übereinkommen vorgesehenen Luftmessungen nicht ausreichen, um den tatsächlichen POP-Eintrag in die Landschaft zu ermitteln.

 

Schadstoffeinträge können in Form von trockenen (als Gas oder feste Teilchen) oder nassen Depositionen (Schnee bzw. Regen), die in den Boden und in die Pflanzen gelangen, auftreten. Sie sind daher ein wichtiger Indikator für den Eintrag in die Landschaft und in die (menschlichen) Nahrungsketten.

 

Weltweit einzigartige Methoden

Für MONARPOP haben die Umweltbundesamt-ExpertInnen weltweit völlig neue Luft- und Niederschlagssammler entwickelt, die den extremen Witterungsbedingungen auf den hochalpinen Berggipfeln seit mehr als zehn Jahren erfolgreich standhalten. Die Sammler ermöglichen erstmalig eine kontinuierliche Probenahme dieser Schadstoffe an Berggipfeln, in Abhängigkeit von der Herkunft der Luftmassen.

 

Projektpartner in MONARPOP

Das Umweltbundesamt koordinierte das Projekt MONARPOP im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), entwickelte das Forschungskonzept und die Probenahme-Technologie, koordinierte die Probenahme und -analyse in Österreich und analysierte eine Reihe von Schadstoffen. Das Projektkonsortium bestand aus 13 Institutionen aus Österreich, Deutschland, Italien, Schweiz und Slowenien. Seit dem Abschluss von MONARPOP im Jahr 2008 führt das Umweltbundesamt die Luft- und Depositionsmessungen in Kooperation mit Partnern aus Deutschland und der Schweiz im Auftrag des BMLFUW fort.