Erkenntnisse aus 30 Jahren Umweltbeobachtung

Wien, 04. Mai 2023

Seit mehr als drei Jahrzehnten betreibt das Umweltbundesamt am Zöbelboden, einem entlegenen Waldstück im Nationalpark Kalkalpen, umfassende Umweltbeobachtung. Mit neuester Technik werden die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald und Veränderungen der biologischen Vielfalt erfasst und analysiert. Ein neuer Report gibt einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse aus 30 Jahren Forschung und einem Datenschatz, der europaweit seinesgleichen sucht.

Foto Messstelle Zöbelboden

Von 9. bis 11. Mai wird der WasserCluster Lunz zum Treffpunkt für Umweltexpert:innen aus aller Welt. Sie tauschen sich bei einer Tagung der UN-Luftreinhaltekonvention (UNECE Convention on Long-Range Transboundary Air Pollution) über das Monitoring von Luftschadstoffen und ihre Wirkung auf Luft und Wasser aus. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet das Umweltbundesamt seit mehr als 30 Jahren am Zöbelboden, einem der bestausgestatteten Monitoring- und Forschungsstandorte Österreichs. Weit weg von Autobahnen, Fabriken und anderen Schadstoffquellen werden hier Erfolge der Luftreinhaltung, der Einfluss des Klimawandels auf den Wald und die Biodiversität untersucht. Die wichtigsten Erkenntnisse der Langzeit-Beobachtung hat das Umweltbundesamt in einem Report zusammengefasst. Einen Eindruck von den Messanlagen vermittelt ein zweiminütiger Kurzfilm, der Forscher:innen aus aller Welt einlädt, Daten und Infrastruktur am Zöbelboden zu nutzen, um das umfassende Wissen über das Ökosystem Wald zu erweitern.

Europaweit rare Langzeitdaten

Analysen vom Zöbelboden belegen, dass die Reduktion von Stickstoff-, Schwefel, und Schwermetallemissionen seit Inkrafttreten der Genfer Luftreinhaltekonvention im Jahr 1979, eine Reihe von positiven Effekten in Ökosystemen erzeugte. Der Rückgang lässt sich beispielsweise an den Schadstoffmessungen im Karstquellwasser beobachten. Wurden zu Beginn der Messungen am Zöbelboden die Schwellenwerte für Nickel, Blei, Chrom und Cadmium punktuell noch überschritten, liegen die Messwerte heute deutlich darunter.

Die Daten aus 30 Jahren Forschung am Zöbelboden sind ein unfassbarer Schatz. Sie helfen, neuen Umweltproblemen auf den Grund zu gehen und nachzuweisen, dass Maßnahmen wirken.

Künftige Herausforderungen bei der Verbesserung der Luftqualität liegen in der Reduktion der Ammoniak-Einträge, die immer noch zur Überdüngung von Ökosystemen führen.

Die Böden in Karstwaldökosystemen speichern Wasser nur sehr eingeschränkt. Analysen vom Zöbelboden zeigen aber, dass die aufgenommenen Mengen ausreichen, um das Baumwachstum auch in niederschlagsarmen Perioden zu gewährleisten. Zunehmende Trockenheit und schlechte Nährstoffversorgung setzen dem Wald aber zu und könnten künftig seine Schutzfunktion und seine Fähigkeit, Kohlenstoff zu binden, einschränken. Großen Einfluss auf die Kohlenstoffspeicherung des Waldes – und damit seiner Rolle Treibhausgas in der Atmosphäre zu dämpfen - haben auch Störungen durch Windwurf und Schädlinge. Sie häuften sich zwar auch am Zöbelboden durch den Klimawandel, der Wald blieb aber in den letzten 30 Jahren eine maßgebliche Kohlenstoffsenke.

Rückzugsort und Outdoor-Labor

Der Zöbelboden ist ein Refugium für mehr als 40 gefährdete und geschützte Tier- und Pflanzenarten. Das Umweltbundesamt beobachtet hier seit dem Jahr 1992 mehr als 400 Gefäßpflanzenarten, 192 Moose, 114 Flechten und 65 Vogelarten. Ihre Vielfalt hat sich in den letzten 30 Jahren kaum verringert. Die Ausnahme bilden Flechten, deren  Artenvielfalt im beobachteten Zeitraum wegen zu hoher Stickstoffeinträge aus der Luft stark zurückging.

Aufgrund seines enormen Datenschatzes bewährt sich der Standort Zöbelboden auch als Versuchsfläche für wichtige Modellrechnungen. So etwa können die Forscher:innen analysieren, wie Veränderungen im Klima und Extremwetter-Ereignisse auf ein Karstwald-Ökosystem wirken oder wie Bodenverhältnisse in Klimamodellen besser integriert werden. Auch Empfehlungen für einen klimafitten Wald, der mit Dürreeffekten und Waldstörungen umgehen kann, lassen sich ableiten.

Fortsetzung folgt

In den kommenden Jahren setzt das Umweltbundesamt am Zöbelboden seine Langzeitstudien zu Luftschadstoffen, Klimawandelfolgen und Biodiversität fort und widmet sich gleichzeitig aktuellen Fragestellungen wie Mikroplastik in der Umwelt.

Der Zöbelboden ist nicht nur ein Aushängeschild für ökologische Langzeitforschung in Österreich (Long-Term Ecosystem Research, LTER) und in Europa (eLTER), sondern auch der nationale Beitrag zum Integrated Monitoring-Programm der Vereinten Nationen (ICP IM). Er wird vom Umweltbundesamt betrieben, unterstützt vom Nationalpark Kalkalpen und den Österreichischen Bundesforsten.